Patienteninformationen zur Hernienchirurgie

1.1 Ein paar Angaben zur Statistik

Eingeweidebrüche sind ein weit verbreitetes Phänomen. So erkranken beispielsweise etwa 27 % der Männer und 3 % der Frauen im Laufe ihres Lebens an einem Leistenbruch. Nach Schätzungen der internationalen Herniengesellschaften wurden im Jahr 2007 weltweit etwa 20 Millionen Leistenhernien operiert. In Deutschland werden derzeit etwa 275.000 Leistenbrüche und knapp 100.000 Bauchwandbrüche pro Jahr operativ versorgt. Die Erkrankung kann sowohl Kinder als auch Erwachsene jeden Geschlechts und Alters treffen.

Bei einem Bauchwandbruch liegt eine krankhafte Lücke in der Bauchwand vor, durch die das Bauchfell und gegebenenfalls auch im Bauch gelegene Organe nach außen dringen können. Bei Leistenhernien liegt die Öffnung im Bereich des Leistenkanals, bei Zwerchfellhernien innerhalb des Zwerchfells. Bei jedem Eingeweidebruch besteht potentiell die Gefahr der Einklemmung und lebensgefährlichen Strangulation von Eingeweiden, besonders des Darms. Das Risiko der Einklemmung beträgt etwa 1–3 % pro Jahr.

Eingeweidebrüche sollten immer operiert werden, da sich die angeborene oder erworbene Lücke in der Bauchwand von alleine nicht wieder verschließt. Wird eine Hernie rechtzeitig operativ versorgt, ist sie in der Regel völlig ungefährlich. Die Operation ist daher prinzipiell mit einer Heilung der Erkrankung gleichzusetzen.

Hernienoperationen sind Routineeingriffe, die sehr häufig und schon seit vielen Jahren durchgeführt werden. In den letzten Jahren wurden die Operationstechniken immer weiter verbessert, so dass für jeden individuellen Fall eine optimale Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung steht.

1.2 Ein Blick auf die Anatomie

Um die Entstehung von Eingeweidebrüchen zu verstehen, ist es hilfreich, sich die anatomischen Strukturen der Bauchwand, des Leistenkanals und Zwerchfells etwas genauer anzusehen.

1.2.1 Bauchwand

Die vordere Bauchwand wird am oberen Ende durch den Rippenbogen und am unteren Ende durch das Leistenband begrenzt. Sie besteht aus verschiedenen übereinanderliegenden Gewebsschichten, die nach außen hin mit der Haut abschließen. Unter der Haut liegen zunächst das Unterhautfettgewebe, darunter verschiedene Muskelschichten mit den dazugehörigen Sehnenplatten (auch „Aponeurosen“ genannt). Zur Bauchwandmuskulatur gehören zum einen die drei seitlichen Bauchmuskeln, die mit ihren flächenhaft ausgebreiteten Sehnen den Bauchinhalt wie ein Mieder elastisch zusammenhalten. Zum anderen verläuft in der Körpermitte der gerade vordere Bauchmuskel (Rektusmuskel), der eine sehnige Umhüllung, die so genannte Rektusscheide, besitzt. Auch er dient in enger Verflechtung mit den bindegewebigen Strukturen der Bauchwand dazu, den Bauchinhalt in seiner Position zu halten. Unter den Muskelschichten findet sich neben Binde- und Fettgewebe das so genannte Bauchfell. Es kleidet die Bauchhöhle aus und umhüllt die meisten inneren Organe mit einem glatten Überzug. [Abb. 1]

 

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Abb. 1: Anatomie der Bauchwand

 

1.2.2 Leistenkanal

Der Leistenkanal ist ein etwa 4 bis 5 cm langer Kanal, der die Bauchwand in der Leistengegend schräg von oben hinten nach vorne unten durchzieht. Durch ihn verlaufen Nerven und Lymphgefäße sowie beim Mann der Samenstrang mit dem Samenleiter und bei der Frau das runde Mutterband (eines der Bänder, die die Gebärmutter im Becken fixieren). Die Leistenregion ist anatomisch betrachtet eine Schwachstelle der Bauchwand, da die Muskel-Sehnen-Schicht hier teilweise nur recht dünn ausgebildet ist. [Abb. 2]

 

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Abb. 2: Anatomie der Leistenregion

 

1.2.3 Zwerchfell

Das Zwerchfell ist eine Muskelplatte, die Brust- und Bauchraum voneinander trennt. Es ist an Brustbein, Rippenbögen und Lendenwirbelsäule befestigt und wölbt sich mit zwei Kuppeln in den Brustraum vor. Neben einer Reihe kleinerer Lücken befinden sich im Zwerchfell drei große Öffnungen, zum einen der Speiseröhrenschlitz für die Speiseröhre (Ösophagus), dann der Aortenschlitz für die Hauptschlagader des Körpers (Aorta) und als drittes das Hohlvenenloch für die untere Hohlvene (Vena cava). Diese natürlichen Öffnungen sind mögliche Bruchpforten, durch die im Krankheitsfall Organe oder Strukturen aus dem Bauchraum in die Brust vorfallen können. Eingeweidebrüche, die durch den Speiseröhrenschlitz (lat. Hiatus ösophageus) gehen, werden auch als Hiatushernien bezeichnet. [Abb. 3]

 

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Abb. 3: Anatomie der Zwerchfellregion

1.3.1 Aufbau

Abgeleitet von dem griechischen Wort hérnos (Knospe, Spross, Vorwölbung) bezeichnet der medizinische Fachbegriff Hernie den so genannten Eingeweidebruch. Mit „Bruch“ ist hier demzufolge kein Knochenbruch gemeint, sondern eine Öffnung, beispielsweise in der Bauchwand, durch die Bauchfell, gegebenenfalls mit Eingeweideanteilen, nach außen vordringen kann. Diese Öffnung kann angeboren oder erworben sein. Sie wird ganz allgemein als Bruchpforte, das sich vorwölbende Bauchfell als Bruchsack und die eventuell darin befindlichen Eingeweide als Bruchinhalt bezeichnet. Bruchpforten können sich in der Bauchwand, im Bereich von Operationsnarben, im Zwerchfell, in der Leistenregion, am Beckenboden, im Bauchinnenraum und sogar in der Rückenmuskulatur befinden.

 

Eine Hernie besteht also im Wesentlichen aus den folgenden drei Anteilen [Abb. 4]:

 

  • Bruchpforte: Krankhafte Lücke, beispielsweise in der Bauchwand. Sie verläuft je nach Lage durch verschiedene Gewebsschichten hindurch (Muskeln, Sehnen, Narbengewebe etc.). Die Lokalisation der Bruchpforte legt die Bezeichnung der Hernie fest, so spricht man beispielsweise von Leistenbruch, Nabelbruch, Narbenbruch, Zwerchfellbruch usw.
  • Bruchsack: Ausstülpung des Bauchfells, das sich durch die Bruchpforte drängt. Nach außen hin wird der Bruchsack von Unterhautfettgewebe und Haut begrenzt. Diese Schichten werden als Bruchhülle bezeichnet.
  • Bruchinhalt: Der Bruchsack ist entweder leer oder aber – in der Mehrzahl der Fälle – mit Bruchinhalt gefüllt. Der Bruchinhalt kann aus verschiedenen Bestandteilen bestehen, beispielsweise aus Darmschlingen und/oder Anteilen des Großen Netzes (fett- und bindegewebsreiche Bauchfellschürze, die normalerweise über die Dünndarmschlingen ausgebreitet ist). Meist befindet sich im Bruchsack auch eine als Bruchwasser bezeichnete Flüssigkeit, die den Bruchinhalt gleitfähig hält.

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Abb. 4: Aufbau eines Eingeweidebruchs

1.3.2.1 Angeborene Hernien

Hier ist der Bruchsack in einigen Fällen schon als Anlage vorhanden. Bei der angeborenen Leistenhernie beispielsweise dient eine fingerförmige Ausstülpung des Bauchfells, die durch den inneren Leistenring in den Leistenkanal hineinzieht, als Bruchsack. Bei der angeborenen Nabelhernie tritt der Bruchsack durch den unvollständig verschlossenen Nabelring (ringförmige Öffnung im Gewebe um den Nabel) nach außen. Die angeborenen Hernien treten in der Regel schon im Säuglings- bzw. Kleinkindalter in Erscheinung.

1.3.2.2 Erworbene Hernien

Bei den erworbenen Eingeweidebrüchen bildet sich an bestimmten Schwachstellen des Körpers eine Bruchpforte mit Bruchsack aus, beispielsweise in der Bauchwand bei mangelnder Bauchwandfestigkeit oder im Bereich von Operationsnarben bei unvollständiger Narbenbildung. Eine wesentliche Ursache liegt in einer Störung des Kollagenstoffwechsels. Da das Kollagen für die Festigkeit des Binde- und Stützgewebes im Körper verantwortlich ist, führt die Beeinträchtigung seiner Bildung zu Instabilität des Bindegewebes und verminderter Narbenfestigkeit. Das Risiko für die Entwicklung einer Kollagenstoffwechselstörung und damit einer Bindegewebsschwäche steigt mit zunehmendem Alter. Hernien können sich ferner bei einer starken Erhöhung des Bauchrauminnendrucks ausbilden, zum Beispiel bei chronischem Husten aufgrund einer Lungenerkrankung, bei chronischer Verstopfung mit verstärktem Pressen beim Stuhlgang oder bei regelmäßigem Tragen schwerer Lasten. Risikofaktoren sind auch Schwangerschaft und Übergewicht. In nicht wenigen Fällen finden sich allerdings gar keine eindeutigen Ursachen, die für das Auftreten der Hernie verantwortlich gemacht werden können.

1.3.3 Komplikationen

Eingeweidebrüche können zu einer Reihe von körperlichen und ästhetischen Beeinträchtigungen führen. Eine gefährliche Situation entsteht, wenn sich der Bruchsack in der Bruchpforte einklemmt. Bei einem solchen auch als Inkarzeration bezeichneten Vorgang kommt es zu einer lokalen Anstauung von Blut (Kongestion) und Eintritt von Flüssigkeit ins Gewebe (Ödem). Die Gewebeschwellung führt zu einer regelrechten Strangulation und Durchblutungsstörung der im Bruchsack befindlichen Eingeweide. Kann der Bruchsack jetzt aufgrund seiner Größe nicht mehr ins Bauchinnere zurückgeschoben werden, dann droht sein Inhalt, beispielsweise eingeklemmte Darmschlingen, ohne rechtzeitige Operation abzusterben (Nekrose). Dieses Geschehen ist für den Patienten mit sehr starken Schmerzen verbunden. Es handelt sich um eine akute Notfallsituation, die die sofortige Krankenhauseinweisung bzw. Vorstellung in einer Rettungsstelle erforderlich macht.

 

Bei Einklemmung eines Eingeweidebruches mit drohendem Absterben des Gewebes muss sofort operiert werden.

 

1.4 Verschiedene Arten von Eingeweidebrüchen

Ein Eingeweidebruch kann an verschiedenen Stellen auftreten. Je nach Lage der Bruchpforte unterscheidet man verschiedene Arten. [Abb. 5]

 

Die wichtigsten Arten von Eingeweidebrüchen:

 

Epigastrische Hernie: Eingeweidebruch in der Mittellinie des Oberbauchs
Nabelhernie: Eingeweidebruch in der Nabelregion
Narbenhernie: Eingeweidebruch im Bereich einer Narbe bei vorangegangener Operation
Leistenhernie: Eingeweidebruch in der Leistengegend
Schenkelhernie: Spezielle Form des Leistenbruchs, die in den Oberschenkel zieht
Parastomale Hernie: Eingeweidebruch bei künstlichem Darmausgang (Stoma)
Hiatushernie: Zwerchfellhernie an der Durchtrittsstelle der Speiseröhre in den Bauchraum

 

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Abb. 5: Verschiedene Arten von Eingeweidebrüchen und ihre Lokalisation

 

1.4.1 Epigastrische Hernie

1.4.2 Nabelhernie

1.4.3 Narbenhernie

1.4.4 Leistenhernie

1.4.5 Schenkelhernie

1.4.6 Parastomale Hernie

1.4.7 Hiatushernie

1.4.8 Seltene Hernien

1.4.1 Epigastrische Hernie

Bei der epigastrischen Hernie handelt es sich um einen Eingeweidebruch in der Mittellinie des Oberbauches (zwischen dem unteren Brustbein und dem Nabel). Die Bruchpforte liegt im Bereich der so genannten Linea alba, eines Sehnenstreifens, der von der Sehnenhaut der seitlichen Bauchwandmuskeln gebildet wird. Der Bruchsack kann Teile des großen Netzes enthalten, in seltenen Fällen auch Dünndarmanteile. Risikofaktoren für die Entstehung einer epigastrischen Hernie sind Bindegewebsschwäche, erhöhter Bauchinnendruck (z. B. bei chronischem Husten oder bei starkem Pressen infolge von Verstopfung), Übergewicht und häufiges Tragen schwerer Lasten. Die epigastrische Hernie ist meist sicht- und/oder tastbar. Sie kann mit oder ohne Schmerzen einhergehen. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

1.4.2 Nabelhernie

Ca. 5 % aller Eingeweidebrüche sind Nabelbrüche. Sie sind häufig angeboren und manifestieren sich daher meistens schon im Säuglings- und Kindesalter. Beim Erwachsenen liegen in der Regel erworbene Nabelhernien vor, die – beispielsweise bei schwangeren Frauen oder körperlich stark arbeitenden Personen – auf einen erhöhten Bauchinnendruck zurückzuführen sind.

 

Da das Gewebe des Bauchnabels von Natur aus eine geringere Stabilität aufweist als seine Umgebung, ist der Nabel eine natürliche Schwachstelle der Bauchwand. Bei der Nabelhernie tritt der Bruchsack durch den Nabelring, eine ringförmige Öffnung im Gewebe rund um den Nabel. Der Bruch macht sich als Schwellung im Nabelbereich bemerkbar, gegebenenfalls bestehen auch Schmerzen. Im Bruchsack können sich aus der Bauchhöhle stammendes Lymph- oder Fettgewebe, in einigen Fällen auch Anteile von Bauchorganen befinden. Während eine Einklemmung bei den angeborenen Nabelbrüchen so gut wie nicht vorkommt, ist dies bei den erworbenen Nabelhernien des Erwachsenenalters durchaus möglich. Letztere sollte daher möglichst umgehend operiert werden. Eine angeborene Nabelhernie heilt meistens spontan aus, so dass eine Operation hier in der Regel nicht erforderlich ist.

1.4.3 Narbenhernie

Narbenbrüche entstehen nach offenen chirurgischen Eingriffen am Bauch im Bereich der Operationsnarbe. Die Häufigkeit liegt bei ca. 10 % aller Bauchoperationen. Laut statistischem Bundesamt werden jährlich etwa 50.000 Narbenhernien in Deutschland operiert (!).

 

Narbenbrüche entstehen aufgrund mangelnder Festigkeit der Operationsnarbe. Begünstigende Faktoren sind Wundinfektion, Blutungen, Wundheilungsstörungen, schlechter Allgemein- und Ernährungszustand des Patienten, spezielle Erkrankungen wie Zuckerkrankheit oder Krebsleiden, Übergewicht, Medikamente (vor allem Kortison-Präparate), langjähriger Nikotinkonsum sowie Störungen des Kollagenstoffwechsels. Meist bildet sich eine Narbenhernie innerhalb des ersten Jahres nach einer Bauchoperation aus. Hauptsymptom ist die sichtbare bzw. tastbare Vorwölbung im Bereich der noch relativ frischen Operationsnarbe am Bauch.

 

Auch wenn ein Narbenbruch keine Beschwerden macht, sollte er dennoch operiert werden, da es zu gefährlichen Komplikationen, vor allem der Einklemmung von Darmanteilen, kommen kann. Vorher sollte die ursprüngliche Operationsnarbe jedoch ausgeheilt sein, was in der Regel etwa sechs Monate nach dem Eingriff der Fall ist.

1.4.4 Leistenhernie

Die Leistenhernie macht etwa 75–80 % aller Eingeweidebrüche aus und ist daher die häufigste Hernienform. Etwa 27 % der Männer und 3 % der Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens an einem Leistenbruch. Aufgrund ihres engeren Leistenkanals sind Frauen insgesamt viel seltener betroffen als Männer.

 

Man unterscheidet zwischen medialen (= direkten) und lateralen (= indirekten) Leistenhernien.

  • 1.4.4.1 Mediale/indirekte Leistenhernie

1.4.4.1 Mediale/indirekte Leistenhernie

Diese Form der Leistenhernie ist immer erworben. Sie macht etwa 30–40 % aller Leistenbrüche aus und betrifft vor allem Männer im höheren Lebensalter. Die Bruchpforte liegt im Bereich des so genannten Hesselbach-Dreiecks, einer muskelfreien Stelle in der seitlichen Leistengrube. Der Bruchsack verläuft medial der Blutgefäße der unteren Bauchwand (medial = zur Körpermitte hin gelegen). Er durchbricht die durch eine erworbene Gewebsschwäche beeinträchtigte vordere Bauchwand senkrecht, das heißt auf direktem Wege.

1.4.4.2 Laterale/indirekte Leistenhernie

Diese Form der Leistenhernie kann sowohl angeboren als auch erworben sein. Sie macht etwa 60–70% aller Leistenbrüche aus und betrifft vorrangig Männer. Am häufigsten tritt sie auf der rechten Körperseite auf (49 %), seltener links (36 %) oder beidseits (15 %). Die laterale Leistenhernie tritt nicht direkt durch die Bauchwand nach außen, sondern verläuft – indirekt – durch den Leistenkanal. Als Bruchpforte dient der innere Leistenring, der Eingang des Leistenkanals im Bereich der seitlichen (lateralen) Leistengrube. Am äußeren Leistenring, der Mündung des Leistenkanals, tritt der Bruchsack dann nach außen vor.

 

Der laterale Leistenbruch kann sich bei der Frau bis in die äußeren Schamlippen (Labien), beim Mann bis in den Hodensack (Skrotum) ziehen. In diesem Fällen spricht man auch von Labial– bzw. Skrotalhernien.

1.4.5 Schenkelhernie

Etwa 7 % aller Eingeweidebrüche sind Schenkelhernien. Diese spezielle Form des Leistenbruchs ist praktisch immer erworben. Betroffen sind vor allem Frauen (ca. 80 %). Risikofaktoren sind neben dem weiblichen Geschlecht ein höheres Lebensalter, Schwangerschaft(en) in der Vorgeschichte sowie Übergewicht. Die Bruchpforte liegt bei der Schenkelhernie unterhalb des Leistenbandes in der so genannten Lacuna vasorum, einer Durchtrittsstelle für Blutgefäße und Nerven, die den Oberschenkel versorgen.

 

Eine Schenkelhernie wird häufig sehr spät erkannt, nicht selten erst zu dem Zeitpunkt, an dem schon Komplikationen vorliegen. Das ist darauf zurückzuführen, dass die betroffenen Patienten – wenn überhaupt etwas – nur einen diffusen, drückenden Schmerz unterhalb der Leiste verspüren. Gerade bei adipösen Patienten ist es oft schwierig, eine Schenkelhernie in Form einer Schwellung unterhalb der Leiste zu sehen oder zu tasten. Die Diagnose wird daher häufig erst gestellt, wenn sich der Bruchsack bereits in der Bruchpforte eingeklemmt hat. An diesem Punkt besteht die Gefahr, dass der Bruchsackinhalt (beispielsweise Darmschlingen) infolge der Einklemmung nicht ausreichend durchblutet wird und abstirbt. Aus diesem Grund sollte eine Schenkelhernie immer so schnell wie möglich operiert werden.

 

1.4.6 Parastomale Hernie

Parastomale Hernien sind Eingeweidebrüche, die sich neben (griech. para) einem künstlichen Darmausgang (Stoma) ausbilden. Die Öffnung in der Bauchdecke, die für die Anlage des Stomas erforderlich ist, dient dabei als Bruchpforte, durch die der Bruchsack, ggf. mit Darm- oder Netzanteilen, nach außen drängt. Bis zu 50 % aller Stomaträger sind von einer parastomalen Hernie betroffen. Damit handelt es sich um die häufigste Komplikation des künstlichen Darmausgangs.

 

Eine parastomale Hernie tritt auf, wenn sich die im Bereich der Stomaöffnung liegende Narbe nicht ausreichend verfestigt. Begünstigende Faktoren sind Wundheilungsstörungen, Blutungen und Wundinfektionen, ferner schlechter Allgemein- und Ernährungszustand des Patienten, spezielle Erkrankungen wie Zuckerkrankheit oder Krebsleiden, Übergewicht, Medikamente (vor allem Cortison-Präparate), langjähriger Nikotinkonsum sowie Störungen des Kollagenstoffwechsels. Die Symptome einer parastomalen Hernie sind tastbare Defekte im betroffenen Gewebe oder eine Vorwölbung im Bereich des künstlichen Darmausgangs, die beim Husten oder Pressen deutlich hervortritt.

1.4.7 Hiatushernie

Ist der Speiseröhrenschlitz (lat. Hiatus ösophageus) durch eine angeborene oder erworbene Schwäche des umgebenden Gewebes geweitet, kann sich an dieser Stelle eine Zwerchfellhernie ausbilden. Bei dieser so genannten Hiatushernie kommt es zu einem teilweisen bis vollständigen Übertritt von Bauchorganen in den Brustraum. Je nach Ausmaß des Bruches werden verschiedene Formen unterschieden.

 

Die häufigste Form ist die so genannte axiale Gleithernie, bei der der Magen ein Stück nach oben rutscht, so dass sich der Mageneingang mit der Einmündungsstelle der Speiseröhre (die so genannte Kardia) in die Brusthöhle verlagert. Häufig bereitet eine Gleithernie keine oder nur geringe Beschwerden. Die Diagnose beruht daher oft nur auf einem Zufallsbefund. Wenn der muskuläre Verschlussmechanismus zwischen Speiseröhre und Magen durch die Verschiebung des Magens allerdings nicht mehr richtig funktioniert, kann es zum Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre kommen (Reflux). Durch die Reizung der Speiseröhrenschleimhaut kommt es dann zur so genannten Refluxkrankheit mit den typischen Symptomen Sodbrennen, Schluckstörungen und Schmerzen im Oberbauch. Verursacht eine Hiatushernie derartige Beschwerden, versucht man diese zunächst durch konservative Maßnahmen wie Gewichtsreduktion, Ernährungsumstellung, Veränderung von Lebensgewohnheiten und medikamentöse Behandlung in den Griff zu bekommen. Gelingt dies nicht, dann sollte die Hernie in jedem Fall so bald als möglich operiert werden.

 

Bei der seltener vorkommenden paraösophagealen Hernie schiebt sich der vordere Magenabschnitt durch den Speiseröhrenschlitz entlang der Speiseröhre in den Brustraum (der Mageneingang, die Kardia, bleibt dabei im Unterschied zur axialen Gleithernie im Bauchraum). In einigen Fällen gelangen bei dieser Form der Hiatushernie auch andere Eingeweide wie Darmschlingen oder Teile des großen Netzes in den Brustraum. Zunächst sind die Betroffenen häufig beschwerdefrei, erst später treten Symptome wie Völlegefühl, Druckschmerz in der Brust, Schluckbeschwerden oder Atemnot auf. Durch Einklemmung der vorgefallenen Organe kann es zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen. Daher muss die paraösophageale Hernie immer so bald als möglich durch eine Operation versorgt werden.

 

In einigen Fällen treten auch Mischformen aus Gleithernie und paraösophagealer Hernie auf. Selten ist der so genannte Upside-down-Magen, auch Thoraxmagen genannt, eine schwere Form der paraösophagealen Hernie. In diesem Fall sind zwei Drittel des Magens oder mehr (bis zum gesamten Magen) in den Brustraum verlagert. Es kommt zu einer Verdrehung des Magens und zu einer Verdrängung der in der Brusthöhle liegenden Organe, vor allem Lunge und Herz. Die Betroffenen leiden daher häufig an Herz-Kreislauf-Beschwerden, Atemnot, Völlegefühl oder Schmerzen im Brustraum. Genau wie die anderen paraösophagealen Hernien muss der Upside-down-Magen umgehend operiert werden, um gefährliche Komplikationen zu vermeiden.

1.4.8 Seltene Hernien

Innere Hernien

Diese Formen von Hernien sind durch das bloße Auge oder Tasten in der Regel nicht erkennbar, weil der Bruchsack in Bauchfelltaschen innerhalb der Bauchhöhle liegt.

 

Spieghel-Hernie

Es handelt sich um einen Eingeweidebruch im Bereich der seitlichen Bauchwand. Er durchbricht die so genannte Spieghel-Linie, die Muskel-Sehnen-Grenze des quer verlaufenden Bauchmuskels (lat. Musculus transversus abdominis) am seitlichen Rand des geraden Bauchmuskels (Musculus rectus abdominis).

 

Morgagni-Hernie

Durch eine kleine Lücke im Zwerchfell, der so genannten Morgagni-Spalte, wölbt sich ein Eingeweidebruch vor. Die Morgagni-Hernie tritt neben dem Brustbein aus.

 

Richter-Hernie

Bei dieser auch als Darmwandbruch bezeichneten Hernie bildet nur ein ausgestülpter Darmwandanteil den Bruchinhalt innerhalb des Bruchsackes. Da nicht der gesamte Darm betroffen ist, bleibt die Darmpassage erhalten.

2 Untersuchungsmethoden

Ob ein Eingeweidebruch vorliegt oder nicht und wie dieser beschaffen ist, kann der Arzt in den allermeisten Fällen im Rahmen einer körperlichen Untersuchung feststellen. Nur wenn der Bruch sehr klein ist oder bei den weder sicht- noch tastbaren inneren Hernien ist der Einsatz von bildgebenden Verfahren (Ultraschall, Röntgenuntersuchungen, CT, MRT) zur weiteren Abklärung sinnvoll.

 

  • 2.1 Anamnese
  • 2.2 Körperliche Untersuchung
  • 2.3 Ultraschalluntersuchung
  • 2.4 Röntgenuntersuchungen
  • 2.5 Magen-Darm-Passage
  • 2.6 Computertomographie
  • 2.7 Magnetresonanztomographie (MRT)
  • 2.8 Magenspiegelung
  • 2.9 Messung pH-Wert Magensaft

2.1 Anamnese

Zu Beginn der Untersuchung nimmt der Arzt in einem persönlichen Gespräch die Krankengeschichte des Patienten auf (Anamnese). Um eine sichere Diagnose zu stellen und entsprechende Maßnahmen für die gezielte Behandlung einleiten zu können, muss er alle wichtigen Informationen über den Patienten und dessen Krankengeschichte einholen. Zu diesen gehören insbesondere Art, Auslöser und Verlauf der aktuellen Beschwerden, weitere Erkrankungen, Medikamenteneinnahme, Medikamentenunverträglichkeiten, Allergien etc. Sehr hilfreich sind dabei vom Patienten selbst mitgebrachte Unterlagen über frühere Untersuchungen und Behandlungen, beispielsweise Kopien von Arztbriefen, Röntgenbefunden und Laborwerten.

2.2 Körperliche Untersuchung

Im Anschluss an die Anamnese-Erhebung führt der Arzt eine eingehende körperliche Untersuchung durch. Bei Verdacht auf eine Bauchwandhernie wird – meist am stehenden Patienten – die betroffene Region auf Vorwölbung, Druckschmerzhaftigkeit und Hautveränderungen hin untersucht. Der Arzt ertastet die Bruchpforte, den Bruchkanal und den Bruchsackinhalt und prüft die Möglichkeit der Rückverlagerung (Reponierbarkeit) des Bruchsackes. Je nach Lokalisation des Bruches stülpt er dabei an der betreffenden Stelle die Haut mit dem Finger nach innen ein. Beim Leistenbruch des Mannes schiebt er die Haut am Hodensack von unten mit dem Finger wie einen Handschuh in den Leistenkanal vor, bei der Frau setzt er den Finger in der Leistengegend, am Ansatz der äußeren Schamlippen, an. Der Arzt kann den Patienten bitten zu husten oder zu pressen, damit ein an sich unauffälliger Bruchsack deutlicher hervortreten und von ihm besser getastet werden kann. Durch Abhören mit dem Stethoskop kann er schließlich feststellen, ob sich im Bruchsack Darmschlingen befinden und ob diese eingeklemmt sind (Darmgeräusche!). Zum Schluss tastet und klopft der Arzt den gesamten Bauch ab, um sich einen Eindruck vom Gesamtzustand der Bauchwand zu machen und um gegebenenfalls vorliegende zusätzliche Hernien nicht zu übersehen.

2.3 Ultraschalluntersuchung

Mit einer Ultraschalluntersuchung kann der Befund der körperlichen Untersuchung ergänzt bzw. überprüft werden. So kann der Arzt beispielsweise eine für ihm kaum tastbare Schenkelhernie mit Hilfe der Sonographie eindeutig als solche erkennen. Eine Skrotalhernie (Hodenbruch mit Verlagerung von Eingeweiden in den Hodensack) kann er auf diese Weise von einer Hydrozele (Flüssigkeitsansammlung im Hodensack) unterscheiden.

 

Die Ultraschalluntersuchung ist für den Patienten völlig schmerzfrei und sehr schonend, da keine Röntgenstrahlen verwendet werden. Die modernen Geräte liefern präzise Bilder aus dem Körperinneren, auf denen selbst kleine Veränderungen an den Organen erkennbar sind.

2.4 Röntgenuntersuchungen

Röntgenuntersuchungen gehören zu den bildgebenden Verfahren, mit deren Hilfe auch kleinste Strukturen im Körperinneren sichtbar gemacht werden können. Das Gewebe wird mit Röntgenstrahlen durchleuchtet, was mit dem Nachteil der Strahlenbelastung verbunden ist. Um die Darstellung zu verbessern, werden bei manchen Röntgenuntersuchungen jod- oder bariumhaltige Kontrastmittel eingesetzt, so bei der im Folgenden beschriebenen Magen-Darm-Passage (MDP).

2.5 Magen-Darm-Passage

Es handelt sich um eine mit Kontrastmittelgabe verbundene Röntgenuntersuchung des oberen Verdauungstraktes (Speiseröhre, Magen und Dünndarm), mit deren Hilfe krankhafte Veränderungen in diesem Bereich leichter erkannt werden können. Beispielsweise lassen sich Darmschlingen, die in einen Bruchsack vorgefallen sind, hiermit gut abbilden. Die MDP kommt daher vor allem bei Zwerchfellhernien (Hiatushernie) und inneren Eingeweidebrüchen zum Einsatz.

 

Nachdem der Patient das Kontrastmittel geschluckt hat, werden fortlaufend Röntgenaufnahmen gemacht, um die gleichmäßige Benetzung der Schleimhautoberfläche zu überprüfen. Der Arzt kann die entsprechenden Bilder parallel auf einem Monitor verfolgen. Der Patient nimmt ferner ein gasbildendes Granulat oder Pulver ein, damit sich die Organe des Magen-Darm-Trakts mit Gas füllen und die Wandstrukturen sich entfalten, so dass Unregelmäßigkeiten besser zu sehen sind. Die Röntgenaufnahmen werden in verschiedenen Körperpositionen gemacht, bis alle für die Diagnose wichtigen Abschnitte festgehalten sind.

 

Das Kontrastmittel kann kurzzeitig zu Durchfall und Blähungen führen. Ein entscheidender Nachteil der MDP ist die relativ hohe Strahlenbelastung, weshalb dieses Verfahren nur angewandt wird, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen. Um ein gutes Untersuchungsergebnis zu erzielen, ist es wichtig, dass der Patient nüchtern ist. Das bedeutet, dass er am Untersuchungstag bis zum Abschluss der Untersuchung keine Nahrung zu sich nehmen darf und auch auf Kaffee, Milch und Zigaretten verzichten sollte. Am Vortag sollte er zudem keine blähenden Speisen (Hülsenfrüchte etc.) verzehren. In Absprache mit dem Arzt sollte er am Tag der Untersuchung auch seine Medikamente erst später einnehmen.

2.6 Computertomographie

Die Computertomographie ist eine computergestützte, bildgebende Röntgenuntersuchung, bei der der Körper Schicht um Schicht durchleuchtet wird. Der Patient befindet sich dabei in liegender Position innerhalb des röhrenförmigen Computertomographen. Die Röntgenstrahlen werden beim Durchdringen der verschiedenen Gewebe unterschiedlich stark abgeschwächt, was von speziellen Detektoren erfasst, vom Computer berechnet und in ein Bild umgesetzt wird. Auf CT-Bildern sind selbst kleinste Details sehr gut zu erkennen – wesentlich deutlicher als beispielsweise auf herkömmlichen Röntgenbildern.

Die CT-Untersuchung wird hauptsächlich bei Narbenhernien, parastomalen Hernien und Zwerchfellhernien eingesetzt. Sie dient dazu, das Ausmaß des Defektes in der Bauchwand bzw. im Zwerchfell zu bestimmen.

2.7 Magnetresonanztomographie (MRT)

Bei der Magnetresonanztomographie (auch Kernspintomographie genannt) wird der Körper ebenfalls schichtweise abgebildet, jedoch nicht mittels Röntgenstrahlen wie bei der Computertomographie, sondern unter Verwendung eines starken Magnetfeldes. Vor einer solchen Untersuchung müssen daher alle metallhaltigen Gegenstände (Schmuck, Brille, Hörgerät, Kreditkarten etc.) abgelegt werden. Patienten, die einen Herzschrittmacher besitzen oder Metallgegenstände wie Platten, Schrauben und Nägel im Körper tragen, sollten den Arzt darüber unbedingt vorher informieren.

2.8 Magenspiegelung

Bei einer Magenspiegelung kann der Arzt das Innere der Speiseröhre, des Magens und des Zwölffingerdarmes genau betrachten und bei Bedarf Gewebeproben entnehmen. Der Magen sollte bei dieser Untersuchung vollständig leer sein. Der Arzt führt ein dünnes, schlauchförmiges Untersuchungsgerät (Endoskop) durch den Mund in den Magen ein. Behutsam wird Luft in den Magen gepumpt, damit sich die Magenwandstrukturen entfalten und krankhafte Veränderungen besser gesehen werden können. An der Spitze des Gerätes befindet sich eine Minikamera, mit deren Hilfe der Arzt das Innere von Magen und Darm genau inspizieren kann. Durch spezielle Arbeitskanäle im Endoskop kann er kleine Instrumente in den Magen vorschieben, um Gewebeproben zu entnehmen. Bei Verwendung moderner Geräte mit weichem Schlauch und winziger Kamera als Lichtquelle ist die Untersuchung wenig belastend. Bei Angst vor der Magenspiegelung kann jedoch ein leichtes, beruhigend wirkendes Medikament oder auf Wunsch auch ein Betäubungsmittel gegeben werden, so dass der Eingriff in der Regel entspannt und schmerzfrei ist.

 

Die Magenspiegelung wird vor allem zur Abklärung von Hiatushernien eingesetzt. Sie ermöglicht dem Arzt, zwischen einer Gleithernie mit Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre (Refluxkrankheit) und einer paraösophagealen Hernie mit in den Brustkorb hochrutschendem Magenanteil zu unterscheiden. [Zu den verschiedenen Formen der Hiatushernie s. o. unter „Welche Typen von Eingeweidebrüchen gibt es?“.] Eine genaue Diagnostik ist in diesem Fall zwingend erforderlich, um die optimale operative Therapie festlegen zu können.

2.9 Messung pH-Wert Magensaft

In seltenen Fällen kann weder durch eine Magen-Darm-Passage noch durch eine Magenspiegelung die sichere Diagnose einer Hiatushernie mit Rückfluss von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre (Refluxkrankheit) gestellt werden. In diesem Fall muss zusätzlich eine pH-Wert-Messung des Magensafts über 24 Stunden durchgeführt werden (24-Stunden-pH-Metrie). Diese Untersuchung erfolgt über eine Sonde, die während einer Magenspiegelung in die Speiseröhre eingelegt und dort 24 Stunden belassen wird. Auf diese Weise lässt sich die Menge der in die Speiseröhre aufsteigenden Magensäure bestimmen. Unter normalen Bedingungen werden in der Speiseröhre nur vereinzelt Säurewerte unter einem pH-Wert von 4 gemessen. Werte, die für längere Zeit darunter liegen, müssen als krankhaft gewertet werden.

3 Operative Therapie

Eine Hernie muss immer operiert werden, da sich die Bruchpforte nie von selbst verschließen wird. Die Operation sollte zudem so schnell wie möglich erfolgen, um die gefährliche Einklemmung von Darm- und/oder Netzanteilen zu vermeiden. Eine andere Form der Heilung gibt es nicht. Selbst wenn sich der Bruchsack unter bestimmten Umständen in den Bauchraum zurückverlagert, wird er dennoch bei der nächsten Druckerhöhung, beispielsweise beim Husten, wieder durch die Bruchpforte nach außen gedrängt, wodurch sich diese weiter vergrößert. Der Einsatz von konservativen Therapien wie das Tragen von Bruchbändern (eine gürtelähnliche Vorrichtung, die die Eingeweide im Bauch zurückhalten soll) hat sich nicht nur als wenig hilfreich, sondern sogar als schädlich erwiesen. Beim Einsatz von Bruchbändern kann sich die Bauchmuskulatur zurückbilden und die Bauchdecke instabiler werden, so dass sich die Gefahr weiterer Brüche erhöht. Außerdem kommt es zu unter Umständen erheblichen Druckverletzungen an der unter dem Bruchband liegenden Haut.

 

Hernienoperationen sind die am häufigsten durchgeführten chirurgischen Eingriffe. Es haben sich verschiedene Operationstechniken bewährt, bei denen der Operateur den Bruchinhalt in den Bauchraum zurückverlagert, die Bruchpforte verschließt und das Gewebe stabilisiert. Welche Operationsform am besten geeignet ist, hängt von der Art und Ausprägung des vorliegenden Bruches sowie von der Alltagsbelastung und vom Alter des Patienten ab. Es gibt verschiedene Methoden, um die Bruchpforte zu verschließen – zum einen reine Nahtverfahren, bei denen der Bruch mit Nähten versorgt und verstärkt wird, zum anderen Verfahren, bei denen ein Kunststoffnetz verwendet wird. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die Operation auf konventionelle Weise in Form eines offenen Eingriffs durchzuführen, oder aber auf ein so genanntes endoskopisches (auch laparoskopisches oder minimal-invasives) Verfahren zurückzugreifen.

 

  • 3.1 Leistenhernie
  • 3.2 Nabel-, Narben- und epigastrische Hernien
  • 3.3 Hiatushernie
  • 3.4 Komplikationen

3.1.1 Operation nach Shouldice

Es handelt es sich um ein offenes Operationsverfahren, bei dem die Bruchlücke mit körpereigenem Gewebe verschlossen wird. Der Operateur nimmt einen ca. 5 bis 8 cm großen quer verlaufenden Hautschnitt oberhalb des Leistenbandes vor [Abb. 6], legt von diesem Zugang aus den Bruchsack frei [Abb. 7] und öffnet ihn, um die darin gegebenenfalls befindliche Eingeweide zu prüfen und wenn nötig zu versorgen. Anschließend verlagert er den Bruchinhalt zurück in die Bauchhöhle, entfernt den Bruchsack und verschließt das Bauchfell mit einer Naht [Abb. 8]. Zur zusätzlichen Stabilisierung und Verstärkung der Hinterwand des Leistenkanals näht er das Leistenband an die so genannte quer verlaufende Faszie (lat. Fascia transversalis) [Abb. 9]. Zur Sicherheit wird diese Naht in mehreren Reihen durchgeführt [Abb. 10].

 

Die Operation nach Shouldice wird hauptsächlich bei kleineren Bruchpforten angewendet. Der Eingriff wird in der Regel in Vollnarkose durchgeführt, kann aber auch in Rückenmarksanästhesie oder lokaler Betäubung vorgenommen werden.

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Abb. 6 und 7: Hautschnitt und Bruchsackfreilegung (Shouldice)

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Abb. 8: Nahtverschluss der Bauchwand (Shouldice)

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Abb. 9: Annaht des Leistenbandes an die Fascia transversalis

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Abb. 10: Mehrreihige Naht (Shouldice)

3.1.2 Operation nach Lichtenstein

Es handelt sich um ein offenes Operationsverfahren, bei dem die Bruchlücke mit einem Kunststoffnetz verschlossen wird. Der Operateur nimmt einen ca. 5 bis 8 cm großen quer verlaufenden Hautschnitt oberhalb des Leistenbandes vor [Abb. 11], legt von diesem Zugang aus den Bruchsack frei [Abb. 12] und öffnet ihn, um die darin gegebenenfalls befindliche Eingeweide zu prüfen und wenn nötig zu versorgen. Anschließend verlagert er den Bruchinhalt zurück in die Bauchhöhle, entfernt den Bruchsack und verschließt das Bauchfell mit einer Naht [Abb. 13]. Als nächstes deckt der Operateur die Bruchpforte mit einem Kunststoffnetz ab [Abb. 14], das er an das Leistenband [Abb. 15] und auf dem seitlich gelegenen schrägen Bauchmuskel [Abb. 16] festnäht.

 

Die Operation nach Lichtenstein wird bei größeren Bruchpforten oder wiederholtem Auftreten eines Leistenbruchs (Rezidivhernien) angewandt. Der Eingriff wird in der Regel in Vollnarkose durchgeführt, kann aber auch in Rückenmarksanästhesie oder lokaler Betäubung vorgenommen werden.

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Abb. 11 und 12: Hautschnitt und Bruchsackfreilegung (Lichtenstein)

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Abb. 13: Nahtverschluss Bauchfell (Lichtenstein)

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Abb. 14: Abdeckung Bruchpforte mit Kunststoffnetz (Lichtenstein)

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Abb. 15: Annaht des Netzes an  das Leistenband (Lichtenstein)

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Abb. 16: Annaht des Netzes an den schrägen Bauchmuskel (Lichtenstein

3.1.3 TAPP

Die TAPP ist ein endoskopisches bzw. minimal-invasives Operationsverfahren. Bei dieser Technik wird ein kleiner Schnitt am unteren Rand des Bauchnabels vorgenommen. In diesen wird eine Spezialnadel eingeführt, über die der Bauch mit Gas gefüllt wird, um den Darm zurückzudrängen und dem Operateur eine gute Sicht zu ermöglichen. Über den gleichen Schnitt wird im Anschluss die Kamera eingebracht, über zwei weitere kleine Schnitte rechts und links des Bauchnabels zudem die Operationsinstrumente [Abb. 17]. Nach Einschneiden des Bauchfells [Abb. 18] wird der Bruchsack vorsichtig aus der Bruchpforte gelöst und anschließend ein ausreichend großes Kunststoffnetz faltenfrei über der Öffnung eingesetzt ([Abb. 19]. Verwendet werden in der Regel Netze, die mindestens 15 x 10 cm groß sind. Die Bauchfellöffnung wird wieder mit einer Naht verschlossen [Abb. 20], so dass das Netz nicht mit den Darmschlingen direkt in Berührung kommt (Gefahr von Verklebungen!).

 

Liegt ein doppelseitiger Bruch vor, können mit diesem Verfahren beide Hernien in einem Eingriff versorgt werden. Die TAPP wird insbesondere bei beidseitigen Hernien sowie bei Rezidivhernien nach offenen Voroperationen durchgeführt. Die endoskopische bzw. minimal-invasive Operation des Leistenbruchs erfordert eine Vollnarkose.

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Abb. 17: Einbringen der Trokare (TAPP)

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Abb. 18: Einschneiden des Bauchfells (TAPP)

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Abb. 19: Einsetzen des Kunststoffnetzes (TAPP)

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Abb. 20: Verschluss des Bauchfells mit einer Naht (TAPP)

3.1.4 TEP

Bei der Totalen Extraperitonealen Plastik (TEP) wird die Bauchhöhle nicht eröffnet. Damit ist das Risiko, innere Organe wie beispielsweise den Darm zu verletzen, gleich null. Über einen kleinen Hautschnitt unterhalb des Nabels wird ein mit Luft gefüllter Ballon zwischen Bauchdecke und Bauchfell eingeschoben, um die beiden Schichten voneinander zu lösen [Abb. 21]. Der so entstandene Spalt wird über das Einblasen von Kohlendioxid-Gas (CO2) noch erweitert, so dass sich die Wandstrukturen entfalten und eine gute Sicht geschaffen wird [Abb. 22]. Über zwei weitere kleine Hautschnitte werden ein Arbeitsinstrument und die Kamera eingeführt [Abb. 23 und Abb. 24]. Der Operateur kann jetzt den Bruchsack vorsichtig freilegen und den Bruchinhalt in die Bauchhöhle zurückverlagern. Über der Bruchpforte bringt er ein Kunststoffnetz an, dass er gegebenenfalls noch zusätzlich durch eine Naht, durch Klammern oder Gewebekleber fixiert. Aber auch ohne Fixierung sitzt das Netz durch den natürlichen Bauchinnendruck fest an seinem richtigen Platz [Abb. 25].

 

Die endoskopische bzw. minimal-invasive Operation des Leistenbruchs erfordert eine Vollnarkose.

 

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Abb. 21: Einführen des Ballons (TEP)

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Abb. 22: Aufblasen mit Kohlendioxid (TEP)

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Abb. 23 und 24: Einführen der Trokare (TEP)

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Abb. 25: Anbringen des Kunststoffnetzes (TEP)

 

3.2 Nabel-, Narben- und epigastrische Hernien

  • 3.2.1 Direkte Naht
  • 3.2.2 IPOM (laparoskopisch)
  • 3.2.3 Sublay-Mesh
  • 3.2.4 Komponentenseparation
  • 3.2.5 IPOM (offen)

3.2.1 Direkte Naht

Nabelbrüche haben in der Regel nur eine relativ kleine Bruchlücke von 1 bis 2 cm. Das kann auch in seltenen Fällen bei einer epigastrischen Hernie oder einer Narbenhernie nach kleineren Bauchschnitten (z. B. Blinddarmentfernung) der Fall sein. Dann kann die Bruchlücke direkt durch eine Naht, die sich nicht auflöst, verschlossen werden. Der Defekt wird dabei mit mehreren Nähten zugenäht. Eventuell kann auf die Naht zusätzlich noch ein Kunststoffnetz zur Verstärkung aufgetragen werden.

 

Diese Operation kann in Vollnarkose, in Rückenmarksanästhesie oder in Lokalanästhesie durchgeführt werden.

3.2.2 IPOM (laparoskopisch)

Die IPOM-Technik (Intra-Peritoneale-Onlay-Mesh-Technik) ist ein spezielles Reparationsverfahren, bei dem ein Netz in den Bauchraum eingebracht und von innen über die Bruchpforte aufgesetzt wird.

 

Bei der endoskopischen IPOM-Technik wird zunächst ein kleiner Schnitt in der narbenfreien Bauchwand vorgenommen [Abb. 26]. Über diesen Zugang wird Gas in den Bauch eingelassen, um eine gute Sicht herzustellen. Anschließend wird ein Instrument mit einer kleinen Kamera eingeführt. Mit Hilfe dieser Optik kann der Operateur auf einem Monitor das Operationsfeld und die einzelnen Arbeitsschritte genau überschauen. Über zwei weitere kleine Schnitte werden zwei Arbeitsinstrumente in die Bauchhöhle vorgeschoben. Der Operateur kann jetzt, wenn nötig, Verwachsungen lösen und im Anschluss den Inhalt des Bruchsackes freilegen [Abb. 27]. Nach kompletter Darstellung der Bruchlücke muss entschieden werden, ob ein Kunststoffnetz direkt über den Defekt gelegt werden kann – was bei Defekten bis zu 8 cm möglich ist – oder ob der Defekt zusätzlich mit einer Naht eingeengt werden muss, damit das Kunststoffnetz ein besseres Widerlager hat [Abb. 28]. Anschließend wird das mit mehreren Nähten versehene Kunststoffnetz in den Bauchraum eingebracht und dort über den Defekt in der Bauchwand ausgebreitet. Mit einem Spezialinstrument werden die vorgelegten Doppelfäden durch kleinste Einstiche in der Haut durch die Bauchwand ausgeleitet und über die kleinen Hauteinstiche auf die Bauchwandfaszie geknotet. Dadurch wird das Kunststoffnetz dauerhaft an die Bauchwand fixiert [Abb. 29]. Zusätzlich wird das Kunststoffnetz noch von innen durch einen speziellen Tacker mit Titanspirale oder sich auflösende Schrauben sicher angeheftete [Abb. 30]. Bei sehr großen Defekten von mehr als 8 cm erbringt das vorherige Verschließen des Defektes mit einer Naht ein besseres Widerlager für das Netz [Abb. 31].

 

Die endoskopische IPOM-Technik kann nur in Vollnarkose durchgeführt werden.

 

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Abb. 26: Schnitt Bauchwand (lap. IPOM)

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Abb. 27: Freilegung des Brucksackes (lap. IPOM)

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Abb. 28: Defekteinengung mit Naht (lap. IPOM)

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Abb. 29: Fixierung des Kunststoffnetzes an der Bauchwand (lap. IPOM)

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Abb. 30: Zusätzliche Fixierung mit Tacker (lap. IPOM)

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Abb. 31: Zusätzliche Defekteinengung mit Naht (lap. IPOM)

3.2.3 Sublay-Mesh

Die Sublay-Mesh-Technik ist ein offenes Operationsverfahren für große Narbenbrüche. Bei dieser Technik wird direkt über dem sich vorwölbenden Bruchsack ein Hautschnitt vorgenommen [Abb. 32], bei dem die Narbe herausgeschnitten wird. In Anschluss wird der Bruchsack eröffnet. Verwachsungen im Bauchraum werden gelöst. Danach wird die so genannte Rektusscheide, in der sich der gerade Bauchmuskel befindet, auf beiden Seiten eröffnet und das hintere Blatt in der Mittellinie vernäht [Abb. 33]. Auf das hintere Blatt der Rektusscheide, hinter dem geraden Bauchmuskel, wird dann das Kunststoffnetz gelegt und mit einigen Nähten oder einem Fibrinkleber fixiert [Abb. 34].

 

Die Sublay-Mesh-Technik kann nur in Vollnarkose durchgeführt werden.

 

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Abb. 32: Hautschnitt über Bruchsack (Sublay-Mesh)

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Abb. 33: Entfernung des Bruchsackes (Sublay-Mesh)